Advent im Hochgebirge von Gunnar Gunnarsson

Advent im Hochgebirge

Eine Geschichte von tiefer Menschlichkeit und wahrem Mut.
Voller Unerschrockenheit und Zuversicht zieht Benedikt, begleitet von seinem treuem und klugen Hund Leo und seinem unerschütterlichem Hammel Knorz, wie jedes Jahr am zweiten Adventssonntag ins Hochgebirge um verirrte und vergessene Schafe zu retten.

 

“Advent – Ja Benedikt nahm das Wort behutsam in den Mund, dieses große, stille, erstaunlich fremde und doch zugleich so vertraute Wort. Es ist wahr, er wusste nicht genau, was es bedeutete, aber es lag doch eine Erwartung, eine Vorbereitung darin, das fühlte er…“

 

Richard Schnell, liest eine leicht gekürzte Fassung dieser wundersamen Geschichte des isländischen Autors, begleitet von den schlichten Klängen seiner Konzertina.

 

Hörprobe



Mein Eindruck dieser Adventsgeschichte ist noch ganz durchtränkt von der elementaren Kraft und Wucht der kalten, faszinierenden, schönen aber menschen- und lebens­feindlichen nordischen Winternatur. In diese Welt wirft sich Benedikt hinein, mit seinem ganzen Enthusiasmus, mit seiner Liebe zu den von dieser Natur bedrohten Schafen. Nur durch seine ich­durchglühte Tatkraft für diese Tiere schafft er das schier Aussichtslose, die Schafe und sich selbst zu retten, aus der Dunkelheit, aus der beißenden Kälte, aus dem Verirrtsein und Verlorensein im Gebirgswald, zurück zu den Menschen, in Schutz und Licht zu gelangen. Das war das Advents-Erlebnis dieser Geschichte für mich: nur durch diesen Weg kann es Weihnachten werden.
Christoph Buschmann

 

Was macht ein Geschichtenerzähler eigentlich?
Er horcht, lauscht und streicht – manchmal fordernd, manchmal zärtlich – entlang der Wörter eines Textes, tastet Buchstabe für Buchstabe ab, um jedem seinen richtigen Klang abzuringen, der in ihm steckt; er kämpft sich durch die Zeilen, als wären sie mächtige Bollwerke gegen ein voreiliges Verstehen-Wollen; er kaut auf den Sätzen herum, speichelt sie ein, bis sie klein genug sind, um sie sich einzuverleiben – und dann verwandelt wiedergeben zu können.
Jedes Erzählen, jedes Vorlesen ist seinem Wesen nach eine Interpretation. Was ich als Lektor*in in dem Text sehe, verarbeite ich und setze es so zusammen, wie das Gelesene zu mir spricht. Ich spreche dann dasjenige, was zu mir gesprochen hat durch den Text, bloß laut aus. Dennoch gibt es unzählige Möglichkeiten, dies zu tun.
Wenn man Richard Schnell zuhört, hat man das Gefühl, er spräche nicht bloß von und durch sich selbst – es scheint, als hätte er den Schatz, das Wesenhafte der Geschichte, geborgen und sichtbar gemacht. Er tastet jedes Wort, jede Silbe gar, ab; es gelingt ihm, die weißen Lücken zwischen den Zeilen mit dem gedruckten Wort zu verweben, sodass am Ende eine großartige Bildschau vor den/die Zuhörer*in gestellt wird. Eine Geschichte (nach-) zu erzählen bedeutet immer auch, ihr nur so wenig Eigenes wie möglich aufzudrücken, damit sie ganz für sich selber sprechen kann.
Richard Schnell gelingt es, den Worten mit seiner klaren, sonoren Stimme eine Heimat auf Zeit zu geben, gerade so lange, bis sie auf eigenen Füßen stehen und in die Welt entlassen werden können.

Rezension von Tina Yato